Tambun in Korat – die Mönche kommen
Es ist früher Morgen, die Sonne scheint mir schon ein wenig zuzuzwinkern. Immer noch läuft die Klimaanlage in unserem Schlafzimmer, und ich ziehe mir die Decke weiter hoch. Es ist schon seltsam, dass ich gut und gerne auf eine nächtliche Kühlung verzichten kann, vorziehen würde ich alleine einen Fan an der Decke. Für meine Frau gilt das nicht. Ihr ist immer warm, und am liebsten würde sie im Kühlschrank übernachten, naja, vielleicht bei geöffneter Tür. So mache ich das Spiel halt mit und decke mich warm zu, und das im subtropischen Korat, unserem thailändischen Gelegenheits-Wohnsitz Hua Ban Thalae, unserer Siedlung Rung-Arun-Villa.
Die Sonne – o ja, es ist also bereits nach 05.30 Uhr, mitten in der Nacht fuer einen Urlaub. Aber ich kann einfach nicht mehr schlafen. Ich möchte auch den Tag ausnutzen, der ja nur von sechs bis achtzehn Uhr geht, so lange scheint die Sonne jetzt etwa. Und der frühe Tag bietet noch leichte Kühlung. Und so stehe ich auf, um zu duschen. Wir haben keinen Warmwasserbereiter im Bad, doch das Wasser kommt nicht kalt aus der Brause, hat sich in der Nacht im Wasserhochbehälter leicht erwärmt, die Temperatur ist nach wenigen Sekunden richtig angenehm. Ich setze die Kaffeemaschine in Gang, meinen guten Bohnenkaffee habe ich mir aus Deutschland mitgebracht, feines Vollkornbrot habe ich gestern im Klang Plaza gekauft.
Bis der Kaffee fertig ist mache ich noch einen kleinen Spaziergang durch die Siedlung. Ich bin nicht der einzige Frühaufsteher. Die Nachbarin hat vorne an der Strasse einen kleinen Tisch aufgebaut, auf dem eine Schüssel mit Reis steht, ein wenig Beilagen. Sie hat selbst ja nicht so sehr viel, aber das macht sie jeden Morgen, denn bald werden die Mönche aus dem benachbarten Wat kommen, um die Essensspende, das Tambun, in Empfang zu nehmen. Sie hockt sich vor den Tisch, nimmt die Reisschüssel in beide Hände und hält sie wie zu einem Wai vor die Stirn. Dabei spricht sie leise den Text des Morgengebetes vor sich hin. Sanft stellt sie die Schüssel zurück und wiederholt es mit dem Teller, auf dem Gebratenes liegt, Gemüse und Früchte. Dazwischen schaut sie zu mir hin, lächelt und grüsst mit einem „Sawadie Kha“, indem sie die Hände mitsamt dem Teller in meine Richtung bewegt.
Nun hat sie alles gut vorbereitet, hat Speisen für die Mönche bereit gestellt, hat den Text rezitiert. Geduldig wartet sie nun. Dabei hat sie noch Zeit, die Hofeinfahrt zu fegen, ein wenig Laub und abgefallene Blüten des wunderschön blühenden Hibiscus- Strauches auzusammeln. Immer wieder geht ihr Blick die Strasse hinunter in die Richtung, aus der die Mönche auftauchen werden. Auch weiter unten am Straßenrand warten Menschen darauf, ihre Almosenspeise in die Schale der Mönche zu geben. Zwei Soi´s weiter hat eine Frau einen Tisch aufgebaut. Auch sie wird Speisen verteilen, aber zusätzlich hat sie sich zum Verkauf eingerichtet. Nicht alle Nachbarinnen haben die Zeit gehabt, Essen zu bereiten, und so können sie sich hier bedienen, gegen einen geringen Kaufpreis ein paar Tüten mit Reis und Beilagen zu kaufen. Ich kann die ganze Strasse überblicken, es ist eine kleine Siedlung, die Hauptstrasse und 12 Sois.
Nach rechts die mit geraden Nummern, nach links die Ungeraden. Wenn ich manchmal hinunter gehe zu dem kleinen Geschäft oder zur Haltestelle der Saeng Thews grüssen mich die meisten freundlich, stellen mir immer wieder die gleichen Fragen. Wie geht es? Wo gehst du hin? Was machst du heute? Nicht, dass sie es wirklich wissen möchten, aber was sollen sie sonst mit mir reden? Sie wollen aber zeigen, dass sie mir wohl gesonnen sind. Und ich beantworte immer wieder die Fragen, bemühe mich, jeden Tag eine andere parat zu haben. Gerade diese Floskeln beherrsche ich perfekt, fast ohne Akzent, und das bringt mich oft in die Verlegenheit, dass dann schnell und viel mit mir gesprochen wird und ich vieles nicht mehr verstehe. Aber meine Nachfragen werden geduldig wiederholt, bis ich zumindest den Sinn verstanden habe, und wieder bemühe ich mich, freundliche Antworten zu finden.
Unten biegen inzwischen die beiden Mönche um die erste Ecke. Unter ihrer safrangelben Robe halten sie die Almosenschale im Arm. Ihnen folgt ein kleiner Mann, über die Schulter mehrere große, noch leere Beutel gelegt. Er ist der Helfer, denn sie sind ja nur zu zweit, aber viele möchten geben, sich Verdienste erwerben. Er wird ihnen die Beutel mit dem Essen abnehmen, es dann in seinen Beuteln zum Wat transportieren.
Überall bleiben sie stehen, nehmen die Robe zurück.Die Menschen legen ihre Speisen in die Schalen, dann gehen sie in die Hocke und nehmen die Hände zum Wai vor die Stirn. Die Mönche geben mit ihrem Sprechgesang einen Segen zurück. Sie bedanken sich nicht für die Gaben, denn der Gebende erwirbt sich ja seine Verdienste. Dann gehen die Mönche schweigend weiter, hintereinander, bis zum Nächsten.
Der Buddha selbst hat den Almosengang für seine Anhängerschaft vorgegeben, demütig sollen sie sein, die Mönche, aber nicht, weil ihnen gegeben wird, sondern weil sie ihr Leben in Demut verbringen. Meine Nachbarin hat inzwischen ihren Mann gerufen, der sich nun zu ihr gesellt. Zu zweit warten sie nun, hinter ihrem Tisch hockend, darauf, bis die Mönche sie erreicht haben. Die ganze Situation berührt mich innerlich. Hier wird gegeben ohne Erwartung einer sichtbaren Gegenleistung, ohne Erwarten eines Dankes. Die Handlung selbst ist Ausdruck der inneren Haltung. Es ist kein Muss, es gibt keine Vorschrift des Tuns, es ist ein Wollen. Aber es ist auch die Erwartung, sich gutes Karma zu schaffen durch das Geben an die Mönche.
Auf dem weiteren Weg kommen die beiden Mönche nahe bei mir vorbei. Ich grüsse sie und beantworte eine kurze Frage nach meiner Nationalität, nehme eine Einladung in ihr Wat entgegen, ich sei ja schon einmal da gewesen und ihnen begegnet, erinnern sie sich.
Die Menschen gehen in ihr Haus zurück, nehmen den Alltag auf.
Die Mönche gehen schweigend davon.